Geschichte

Ariowitsch-Haus, Saal, während der Eröffnungszeremonie
Ariowitsch-Haus, Saal, während der Eröffnungszeremonie, 2009, © Foto: Silvia Hauptmann

Im Jahre 1928 erwarb Luise Ariowitsch, Witwe des Leipziger Rauchwarenhändlers Julius Ariowitsch, unweit ihres Wohnhauses ein Baugrundstück in der Auenstraße (heute Hinrichsenstraße), um dort ein Altenheim für bedürftige Menschen orthodoxen jüdischen Glaubens zu errichten. Mit der Bauplanung und Ausführung wurde der Leipziger Architekt Emil Franz Hänsel beauftragt. Um das Vorhaben auf ein sicheres finanzielles Fundament zu stellen, errichteten 1930 Luise Ariowitsch, Sohn Max Ariowitsch und Schwiegersohn Dr. Hermann Halberstam die „Ariowitsch-Stiftung – Israelitisches Altersheim“.
Am 17. Mai 1931 fand die Einweihung des aus einem Haupt- und einem Nebengebäude bestehenden Altenheims in der Auenstraße 14, der heutigen Hinrichsenstraße, statt. Das Hauptgebäude bot für 33 Bewohner_innen Platz. Das kleinere Nebengebäude blieb im Rohbau und sollte zu einem späteren Zeitpunkt fertig gestellt werden.
Unter dem Druck der Judenverfolgung in der NS-Zeit nahm das Altenheim eine herausragende soziale Funktion innerhalb der Jüdischen Gemeinde in Leipzig ein.
1937 wurde mit der Fertigstellung des Hinterhauses begonnen. Die Baufinanzierung regelte Max Ariowitsch aus London, wohin er 1935 emigriert war. Im Januar 1938 war der Innenausbau beendet. 1940 lebten im „Ariowitsch-Heim“ 94 Jüdinnen und Juden. Im Oktober 1939 hatte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin die Eingliederung der Ariowitsch-Stiftung in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland angeordnet. Am 19. September 1942 wurden alle Bewohner_innen und Angestellten in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt. Bereits zum 1. Oktober 1942 übernahm die Gestapo Leipzig das Gebäude als Dienststelle.
Als im April 1945 Truppenverbände der amerikanischen Armee in Leipzig einmarschierten, wurde ein Teil der Kommandoführung in dem als Gestapogebäude angesehenen Grundstück einquartiert. Auch die darauf folgende sowjetische Besatzungsmacht nutzte das Gebäude für ihre Militärverwaltung. Ende 1946 kam es zur Rückgabe an die im Mai 1945 wiedergegründete Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig. Da eine Weiterführung als jüdisches Altenheim die eigenen Kräfte überstieg, wurde das Grundstück an die Stadt Leipzig ohne Entgelt verpachtet und bis 1997 als städtisches Alten- und Pflegeheim „Ariowitsch-Stiftung“

Synagogalchor im Ariowitsch-Haus
Synagogalchor im Ariowitsch-Haus, 2010, © Foto: Silvia Hauptmann

Von Juni 1998 bis Juli 2000 nutzte das Diakonische Werk, Innere Mission Leipzig e.V. während der Rekonstruktion des eigenen Altenheims das „Ariowitsch-Heim“ als Interimsgebäude.
Im Herbst 2000 fiel die Entscheidung zum Umbau der Gebäude zu einem jüdischen Kultur- und Begegnungszentrum. Im Oktober 2001 erhielt der Entwurf des Leipziger Architekturbüros Weis & Volkmann den Zuschlag für die Neugestaltung. Der Umbau geriet durch eine Klage des Besitzers eines Nachbargrundstückes zeitweise ins Stocken. Währenddessen gründete sich der „Synagoge und Begegnungszentrum Leipzig e.V.“, um aus der Leipziger
Bürger_innenschaft Unterstützung für die Realisierung des Baus bereitzustellen.
Zusätzlich gelang es dem Kuratorium des Fördervereins bedeutende Spenden für das Ariowitsch-Haus zu sammeln. Ein obergerichtliches Urteil im Herbst 2005 ebnete schließlich den Weg für die Fertigstellung des Hauses. Im April 2006 wurden die Bauarbeiten wieder aufgenommen, damit am 15. Mai 2009 die Einweihung des „Ariowitsch-Haus – Zentrum jüdischer Kultur“ stattfinden konnte.
Der im Jahre 2007 von jüdischen, christlichen und nichtkonfessionellen Leipziger Bürger_innen gegründete Verein „Ariowitsch-Haus e.V.“ initiiert und fördert seitdem kulturelle Projekte im Umfeld der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig.
Kernaufgabe des Vereins sind künstlerische, wissenschaftliche, interaktive und Informationsangebote zu jüdischer Kultur und Geschichte, als auch zur Entwicklung jüdischen Lebens in Leipzig. Der Verein leistet damit gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zu den Themenfeldern ‚Antisemitismus‘ und ‚Rassismus‘ und zur Vermittlung von Toleranz.
Diese Arbeit wird durch die Kooperation mit dem weiterhin aktiven Verein Synagoge und Begegnunszentrum maßgeblich unterstützt.

Quelle: „Geschichte und Gegenwart eines Hauses“,
In: ariowitschhaus.de/geschichte/index.html,
letzter Zugriff: 10. November 2012.